Bremszylinderoptimierung

Fragen dürft Ihr in allen anderen Foren posten - nur nicht hier. Denn hier ist der Platz, an dem Ihr alle "geheimen" Tricks verraten dürft. Bedingung: Selbst mit Erfolg ausprobiert und angewendet.

Moderatoren: solo, Kilroy, Stefan Philipp (M)

Antworten
Benutzeravatar
kestrel401
Beiträge: 627
Registriert: Do 22. Jul 2010, 21:32
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:
Germany

Bremszylinderoptimierung

Beitrag von kestrel401 »

Hallo,

schon seit einiger Zeit fällt mir auf, daß sich bei meiner 4L0 die Stiftschraube des Bremshebels, die auf den Kolben des Hauptbremszylinders drückt, langsam aber sicher in die Kolbenoberfläche einarbeitet.

Das liegt daran, daß im Druckpunkt der Kontaktpunkt von Stiftschraube und Bremskolben nicht genau unter dem Drehpunkt des Hebels liegt. Dadurch bewegt sich die Stiftschraube nicht nur in Richtung der Kolbenbewegung, sondern auch senkrecht dazu auf der Oberfläche und reibt somit nach und nach eine Vertiefung in den Bremskolben, rauht die Oberfläche auf und erhöht somit die Reibung. Das gleiche Problem hat übrigens auch die SRX-6, die eine gleich konstruierte Bremsarmatur hat.

Ich überlege schon länger, was man dagegen machen könnte... Die Oberfläche des Bremskolbens müsste glatter und härter werden, damit sie der Reibung aus der ungenügenden Bremshebelkinematik besser bzw. länger widerstehen kann und die Reibung selbst aufgrund der glatteren Oberfläche auch geringer ist.

Lange gingen meine Gedanken in Richtung der "Shims" (Einstellplättchen) aus Doppelnockenwellenmotoren mit direkter Ventilbetätigung - aber 1. sind die Dinger über 2mm dick und 2. habe ich bis heute keine Ahnung, wie ich diese Teile auf die erforderlichen 8mm Durchmesser bekommen sollte. :cry:

Schließlich kam mir die Idee, die ich Euch zeigen will: Das "Blech" von Fühlerlehren hat einigermaßen die gewünschte harte, glatte Oberfläche - und sie gibt es in beliebiger Dicke (oder besser "Dünne" :) ). Diese Fühlerlehren gibt es auch als Bandmaterial, wie ich im Messraum unserer Firma gesehen habe. Bleibt die Frage, wie man runde Plättchen mit 8mm Durchmesser daraus bekommt... mit einem Locheisen! :)

Ich habe 0,15mm-Band genommen und mit einem 8mm-Locheisen die Plättchen daraus gestanzt - klappt allerfeinst! :) (Bild 1)

Eines dieser Plättchen habe ich dann mit einem Tropfen Cyanacrylatkleber ("Sekundenkleber") auf die Bremskolbenfläche geklebt. Na ja, besser "geheftet", halten muss die Klebung ja nix, wird eh' alles nur gedrückt. (Bild 2)

Bild 3 zeigt dann den wieder zusammengebauten Endzustand.

Und der Effekt ist wirklich beeindruckend. Ich sage jetzt nicht, daß aus der 4L0-Bremse dadurch eine "Zweifingerbremse" wird, aber der Unterschied hat mich schon überrascht. Daß das soo viel ausmacht, hatte ich nicht zu hoffen gewagt.
Ich hätte das vielleicht auch nicht hier gepostet, wenn ich nicht letzte Woche das gleiche bei meiner SRX gemacht hätte - mit dem gleichen Effekt!

Sicherlich kann man sich für teures Geld auch eine Magura oder Brembo Bremspumpe an den Lenker schrauben - aber das ist nicht unwesentlich teurer und auch nicht mehr original (wem das - wie mir - wichtig ist).

Man sieht auf den Bildern, daß sich das bereits vorhandene "Grübchen" auch mit dem Blechscheibchen abbildet, aber die Übergänge sind weicher und die Oberfläche einfach deutlich feiner/glatter/härter. Jetzt noch einen winzigen Klecks Molykote-Fett auf die Spitze der Stiftschraube und die Bremsleistung ist fast perfekt. :)

Die Verklebung mit Sekundenkleber ist natürlich "Gebastel". Aber 2K-Kleber wäre schon ziemlich endgültig gewesen, und das wollte ich noch nicht. Außerdem kann ja eigentlich nix passieren. Diese Ergänzung ist "fail safe", wenn das Blechplättchen herausfallen sollte, dann ist es einfach wieder wie vorher - die Bremsfunktion wird in keinem Fall irgendwie gefährdet.

So, genug geschrieben - schaut's Euch an und probiert es aus, es funktioniert (bislang) wunderbar.

Oder schreibt Eure Kritik.

Viele Grüße - Matthias
Dateianhänge
Alles wieder montiert, nur die Gelenkschraube noch nicht angezogen.
Alles wieder montiert, nur die Gelenkschraube noch nicht angezogen.
Bremse_3.jpg (44.42 KiB) 1117 mal betrachtet
Ein Plättchen auf dem Bremskolben appliziert.
Ein Plättchen auf dem Bremskolben appliziert.
Bremse_2.jpg (54.28 KiB) 1117 mal betrachtet
Plättchen mit dem Locheisen ausgestanzt.
Plättchen mit dem Locheisen ausgestanzt.
Bremse_1.jpg (59.3 KiB) 1117 mal betrachtet
Thorsten
Beiträge: 70
Registriert: Mi 18. Feb 2015, 10:38
Wohnort: Willich

Beitrag von Thorsten »

Hallo Matthias,

schön das Du diese Optimierung eingestellt hast. Das probiere ich direkt mal aus.
Ich liebe Bastler :D ständig neue Ideen mit denen man sein Wochenende füllen kann :lol:

Thorsten
Benutzeravatar
georg_horn
Beiträge: 2950
Registriert: Do 21. Sep 2006, 14:37
Wohnort: Koblenz
Kontaktdaten:
Germany

Beitrag von georg_horn »

Nett gebastelt. Ab und zu etwas Öl auf die Schraube und auf den Bolzen des Bremshebels hilft auch schon ungemein. Mitunter ist das so furztrocken dass es knarzt und der Hebel nur noch ruckweise geht.
Gruss,
Georg

Fahrt so schnell ihr könnt, so lange ihr noch könnt!
(Uli Peil im XJ-Forum)
Benutzeravatar
StVOnix
Beiträge: 8392
Registriert: Mi 21. Mär 2007, 21:50
Wohnort: 26676 Barßel

Beitrag von StVOnix »

Zitieren ist auf meinem Tablet eine Beschäftigungstherapie für die Nervenklinik. :roll:

Du schreibst, der Kleber hätte nichts zu halten,weil das eh nur gedrückt wird. Ich frage nur zur Sicherheit nach: Du denkst dran, dazwischen ausreichend Spiel zu lassen? Nicht, dass dir die Bremse fest geht und du deine Scheiben ruinierst.

Gruß
Rene
moin

[font=Comic Sans MS]Das Leben ist wie eine Ketchupflasche - erst kommt nichts und dann alles auf einmal.[/font]
Benutzeravatar
kestrel401
Beiträge: 627
Registriert: Do 22. Jul 2010, 21:32
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:
Germany

Beitrag von kestrel401 »

Hallo allerseits,

@Georg: Ja klar, so bin ich auch erst mal vorgegangen. Bei der SRX mit einem neuen Hauptbremszylindersatz für 57(!) Euro. Das hat ca. 1000 km einigermaßen funktioniert, danach begann die Grübchenbildung... :cry: Und das "Ruckeln" im Griff war auch bei mir die Motivation für die Ursachenforschung. Das war bei mir auch nach dem frischen Einfetten nach ein paar Tagen gleich wieder da.

Das ist einfach eine sch... Konstruktion (mit Verlaub), Halbkugel auf Fläche ergibt einen Punktkontakt mit theoretisch unendlich großer Flächenpressung. Dazu die Kinematik, die eben nicht nur ein Abwälzen im Kontaktpunkt erfordert, sondern ein (kleines) Gleiten auf der Oberfläche - das ist einfach Mist! Ich hatte noch auf das Molybdändisulfit (MoS2) im Fett gehofft, das sich als Festschmierstoff vielleicht in die Oberflächenrauigkeit einlagert und das Schlimmste verhindert... aber das hat offenbar nicht so funktioniert. Den nächsten Bremskolben werde ich jedenfalls gleich mit so einem Plättchen versehen. Und wenn ich sehe, daß dessen Oberfläche angegriffen wird, dann ist das Plättchen schnell gewechselt - ohne daß ich die Bremshydraulik dafür auseinandernehmen muß! Und 57 Euro kostet so ein Stück Fühlerlehre auch nicht. :)

@Rene: Du hast Recht. An der Anforderung nach Spiel bei der Bremsbetätigung ändert sich natürlich nichts. Das freie Spiel wird halt um 0,15mm kleiner, bleibt aber selbstverständlich >0. Deswegen ja auch die "Heftung": Das Eigengewicht des Plättchens muß die Klebung schon halten, mehr aber auch nicht. Das war ja auch ein Hauptgrund gegen diese Shims: 2mm Dicke ist einfach zu viel! Ich würde gerne 0,35er Fühlerlehrenband nehmen, aber das bekomme ich mit dem Locheisen nicht mehr gestanzt... :cry:

Jetzt gehe ich aber schnell noch etwas auf "Testfahrt" - wir haben wohl das letzte Sommerwochenende für dieses Jahr... :)

Viele Grüße - Matthias
Benutzeravatar
StVOnix
Beiträge: 8392
Registriert: Mi 21. Mär 2007, 21:50
Wohnort: 26676 Barßel

Beitrag von StVOnix »

Ich hatte dabei weniger an das Eigengewicht gedacht als an die Verformung.

Viel Erfolg! Und fahr ne Runde für mich mit, während ich auf dieser dämlichen Leiter stehe.
moin

[font=Comic Sans MS]Das Leben ist wie eine Ketchupflasche - erst kommt nichts und dann alles auf einmal.[/font]
Benutzeravatar
RDThorsten
Beiträge: 8061
Registriert: Mi 6. Nov 2002, 01:00
Wohnort: 26160 Bad Zwischenahn 42,3 km bis zur Nordsee

Beitrag von RDThorsten »

Cooles Ding :-)
If it isn`t smokin it`s broken!

Bild


Bild
Benutzeravatar
Ede
Beiträge: 134
Registriert: Mo 11. Apr 2016, 08:18

Beitrag von Ede »

Kann man die Schraube nicht vorn abrunden? Müßte auch funzen. Werde ich mal probieren
Benutzeravatar
kestrel401
Beiträge: 627
Registriert: Do 22. Jul 2010, 21:32
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:
Germany

Beitrag von kestrel401 »

Ist sie. Muss auch so sein, da sich der Aufsetzwinkel der Stiftschraube auf dem Bremskolben ja mit dem Ziehen am Bremsgriff ändert.

Das ist auch das Problem, weil durch die kugelige Oberfläche der Stiftschraube ja eine (theoretische) Punktlast mit (theoretisch) unendlich großer Flächenpressung entsteht. Gleichzeitig wälzt die Stiftschraube ja nicht um den Kontaktpunkt ab, sondern rutscht auch noch (unter hoher Reibung, da hohe Flächenpressung) auf der Druckfläche des Bremskolbens herum. Deswegen der hohe Verschleiß.
Antworten